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Einladung zum Entwicklungspolitischen Fachgespräch Nr. 132
Oktober 8, 2019 @ 5:30 pm - 7:30 pm
Kann die Entwicklungszusammenarbeit Fluchtursachen bekämpfen? Der Diskurs zur „Fluchtursachenbekämpfung“: Flucht und Migration als Aktionsfelder der deutschen Entwicklungspolitik seit 1990. Dr. Benjamin Schraven, Senior Researcher am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik wird in das Thema einführen. Die Veranstaltung wird moderiert von Dr. Jürgen Wiemann. Im Anschluß laden wir zu einem Vin d’Honneur ein.
Der Diskurs zur „Fluchtursachenbekämpfung“: Flucht und Migration als Aktionsfelder der deutschen Entwicklungspolitik seit 1990
Spätestens seit dem Höhepunkt der so genannten europäischen „Flüchtlingskrise“ 2014/2015 bestimmt der Themenkomplex Flucht und Migration den öffentlichen und politischen Diskurs in weiten Teilen Europas wie kaum ein anderes Thema. Diese äußerst kontroverse Auseinandersetzung hat sicherlich auch in maßgeblicher Weise zum europaweiten Erfolg rechtspopulistischer Parteien beigetragen. Die Wahlerfolge der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) oder der italienischen „Lega“ sowie der Aufstieg der „Alternative für Deutschland“(AFD) untermauern dies deutlich. Gerade in Deutschland, welches im Zuge der hundertausendfachen Flüchtlingszuwanderung v.a. aus Syrien, dem Irak und Afghanistan in absoluten Zahlen gemessen die meisten Flüchtlinge in Europa aufnahm, dreht sich die Debatte seit einigen Jahren nicht nur um die Frage, wie etwa durch Integrationsmaßnahmen mit dieser neuen Situation umzugehen sei. Vielmehr setzte schon bald die allgemeine (und parteienübergreifende) Forderung ein, dass man auch die Ursachen für Flucht bekämpfen müsse. Aufgrund der auch nach 2015 noch hohen Zahlen von Asylbewerbern aus den Ländern Subsahara-Afrikas hat diese Debatte einen starken Afrika-Fokus bekommen.
Bei der Frage, wie mit den Ursachen von Flucht und irregulärer Migration umzugehen sei, wird in Deutschland der Entwicklungspolitik eine besondere Rolle zugeschrieben. Sie soll vor allem durch Maßnahmen wie der Beschäftigungsförderung, (potentiellen) Migranten „Bleibeperspektiven“ in ihren Herkunftsländern ermöglichen, damit sie die gefährliche Reise nach Europa (bzw. Deutschland) gar nicht erst antreten. Dabei ist die Idee, Entwicklungszusammenarbeit als Instrument der „Fluchtursachenbekämpfung“ einzusetzen, nicht neu. In Deutschland gab es entsprechende Überlegungen bereits in den 1980er Jahren. In den frühen 1990er Jahren – als die Zahl der Asylanträge (v.a. in Folge der Jugoslawienkriege) sprunghaft anstieg – hat die Begrifflichkeit und die damit verbundene entwicklungspolitische Wirkungslogik dann auch zum ersten Mal eine größere Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Dabei widerspricht diese Wirkungslogik wichtigen Erkenntnissen der Migrations- und Entwicklungsforschung. Denn (sozioökonomische) Entwicklung und Migration stehen in einem positiven Verhältnis zueinander: Steigen in einem Entwicklungsland Beschäftigung und Löhne, dann geht auch die internationale Migration für gewöhnlich nach oben.
Der Vortrag beschreibt zum einen wichtige Elemente des deutschen Diskurses zu Fluchtursachen und deren Bekämpfung nach und skizziert in diesem Kontext auch den Umgang mit Flucht und Migration im entwicklungspolitischen Kontext seit 1990. Kontrastiert wird dies andererseits mit den empirischen Erkenntnissen der Migrationsforschung seit den 1990er Jahren. Eine wichtige Schlussfolgerung der Analyse für die deutsche Entwicklungspolitik wäre, dass (reguläre) Migrationsprozesse in Zukunft verstärkt mitgestaltet werden müssen.